Inwiefern legen einerseits Sie als Forscher/innen
und andererseits die Autor/innen sexualbezogener Internet-Angebote die Existenz einer
sexuellen Orientierung zugrunde ("ich BIN heterosexuell" versus "ich BIN
schwul/lesbisch). Was ist z.B. mit Bisexualitaet? Und inwiefern wird so etwas wie
"sexuelle Orientierung" als einfach vorhanden oder als sozial konstruiert
betrachtet. Die aktuelle Diskussion um Identitäten (sowohl sexuelle Identitäten als auch
Geschlechter-Identitäten) betont unter dem Stichwort "De-Konstruktion" sehr
stark den Aspekt, dass wir im Denken, Sprechen und Handeln erst erzeugen wie/was wir sind.
Vor diesem Hintergrund werden dann klassische Polarisierungen wie "hetero- versus
homosexuell" oder "männlich versus weiblich" problematisiert als
kulturelle Tendenz zur Bildung von Gegensätzen. In der Realität vorkommende fließende
Übergänge und Ähnlichkeiten würden wir mit solchen dichotomen Schemata oft
überdecken. |
Feminismen:
Bei der Betrachtung geschlechtsspezifischer Unterschiede legt der aktuelle Stand der (v.a.
feministisch geprägten) Gender-Diskussion einen Spagat nahe: Einerseits ist weiterhin im
Auge zu behalten, dass in generellen Aussagen (z.B. über Sexualität) oft die
Perspektiven von Mädchen und Frauen zu kurz kommen (-> Frage nach der
"weiblichen" Sichtweise). Andererseits wird mit der Frage nach dem
"spezifisch Weiblichen" dessen Existenz vielleicht in vielen Fällen erst
erzeugt, indem Frauen von vornherein als "die Anderen" adressiert werden (obwohl
es gewaltige Unterschiede von Frau zu Frau gibt und auch viele Gemeinsamkeiten zwischen
Jungen/Männern und Mädchen/Frauen bestehen). In der feministischen Diskussion wird
geschlechtsbezogene Machtausübung mittlerweile nicht nur als Phänomen zwischen
den Geschlechtern betrachtet, sondern auch als Phänomen innerhalb der Gruppe der
Frauen, etwa wenn einige Frauen (typischerweise weiße, bürgerliche Mittelstands-Frauen
mit akademischem Hintergrund) mittels feministischer Theorien Definitionsmacht darüber
haben, wie "die weibliche Sichtweise" oder "die weibliche Sexualität"
aussieht bzw. auszusehen hat bzw. wie sie eben nicht auszusehen hat. Wie können wir die
unterschiedlichen (und teilweise auch vollkommen konträren) Sichtweisen von Frauen
würdigen und damit das Konstrukt "Frau" hinterfragen, ohne in politischer
Hinsicht eine frauenbezogene Solidarisierung aufzugeben, wenn es darum geht,
geschlechtsbezogene Benachteiligung zu bekämpfen? Das ist aktuell eine sehr wichtige
(womöglich sogar die wichtigste) Frage in diversen feministischen Diskursen.
Maskulinismen:
Geschlechtsspezifische Unterschiede zu beachten heisst nicht nur, nach dem
tatsächlich oder vermeintlich "Weiblichen" zu schauen, sondern auch nach dem
tatsächlich oder vermeintlich "Männlichen". Eine Kultur, in der das
allgemein Menschliche meist vor dem Hintergrund der Erfahrungen von Männern definiert
wird (nicht umsonst: der Mensch, mankind, history etc.), gibt es
wenig Anlaß, die Besonderheiten des Männlichen oder des Mannseins zu
betrachten. Mann zu sein ist halt Normalfall. Erst seit den 80er Jahren haben sich
ergänzend zu feministischen Ansätzen auch dezidiert maskulinistische Ansätze und eine
Männerforschung (men studies) herausgebildet. Maskulinistische Ansätze betrachten
Geschlechterfragen machtkritisch, wobei sie jedoch im Unterschied zu
feministischen Ansätzen vor allem die Probleme von Jungen und Männern fokussieren. So
hat sich in der Praxis ergänzend zur Mädchenarbeit ja mittlerweile auch die Jungenarbeit
etabliert. Hinter dem aktuellen Differenzierungs-Niveau feministischer Ansätze hinken
maskulinistische Ansätze (historisch verständlicherweise) oft noch hinterher. Hemmend
für die Entwicklung theoretisch anspruchsvollerer maskulinistischer Ansätze ist vor
allem das doch eher geringe Interesse akademisch arbeitender Männer am Gender-Diskurs.
Deswegen: Bedenken Sie Geschlechterfragen auch mal aus der Perspektive, inwieweit
spezifische Fragen oder Probleme von Jungen/Männern aufgegriffen werden, wie
Junge-/Mann-Sein und -Werden dargestellt oder eben nicht dargestellt werden. |
Inwieweit gibt es hinsichtlich Form, Inhalt, Menge
usw. Unterschiede zwischen den sexualbezogenen Internet-Angeboten einerseits und den
sexualbezogenen Angeboten in anderen Medien (Jugendzeitschriften, Bücher, Fernsehen,
Video)? |